Ausgrabungen
Für den Bau der Römischen Bernsteinstraße als Handelsstraße, eines europäischen Hauptverkehrsweges vom Mittelmeerraum bis zur Ostsee, waren die wintersichere Umgehung der Ostalpen und das schnelle Erreichen der Nordgrenze des Römerreiches – des limes – wichtig, aber auch der günstigere Zugang zu den Rohstofflagern in Noricum und Pannonien.
Der Verlauf der Römischen Bernsteinstraße zeigt die Stadtgründungen der Römer wie auf einer Perlenschnur angeordnet. Grabbeigaben beweisen die mannigfachen Handelskontakte zum Mittelmeer‐ (Öl, Wein, Keramik) und zum Ostseeraum (Rohbernstein). Aquileia und Carnuntum wurden zu Zentren der Bernsteinverarbeitung und Schnittpunkte des Handels. Für den Bezirk Oberpullendorf sind die beiden Römerstädte Savaria (Szombathely/Steinamanger) und Scarbantia (Sopron/Ödenburg) wichtig, wo in den Museen zahlreiche Importwaren wie Bernsteinschmuckstücke, Keramik und Glaswaren ausgestellt sind.
Die Militärlager und der Vicus von
Strebersdorf / Frankenau-Frakanava im Mittelburgenland
Die Bernsteinstraße verband als wichtigster zentraleuropäischer Landweg in der Antike die obere Adria mit der Donau und dem Baltikum. Die Trasse der Bernsteinstraße verläuft im österreichischen Teil durch das östliche Niederösterreich sowie das nördliche und mittlere Burgenland. Der mittelburgenländische Abschnitt ist über weite Strecken im Gelände und auf Luftbildern sichtbar, 2007 gelang im Raum Strebersdorf / Frankenau-Frakanava die Entdeckung der größten zusammenhängenden römerzeitlichen archäologischen Siedlungslandschaft des Burgenlandes.
Der Fachbereich Zentraleuropäische Archäologie des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) führt seit damals mit Förderungen der Kulturabteilung des Landes Burgenland und in Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt systematische Forschung zu dem römischen Fundplatz durch. Zum Einsatz kommen modernste Methoden der Archäologie: geophysikalische Messungen mit Magnetik und Georadar, Surveys mit der Aufsammlung von Oberflächenfunden, Suszeptibiltätsmessung en und gezielte Ausgrabungen. Das Bundesdenkmalamt führte im östlichen Lagervicus 2010–2013 Grabungen durch, deren Ergebnisse im Rahmen einer Forschungskooperation bearbeitet werden. Insgesamt konnten in den Jahren von 2009 bis 2013 Flächen von insgesamt 49 ha mit geophysikalischen Messungen und 63 ha mit Surveys untersucht werden, wovon mehr als 13.500 Funde stammen, die am Österreichischen Archäologischen Institut wissenschaftlich analysiert werden.
Der Fundplatz (180–210 m üA) befindet sich westlich des Zusammenflusses des Raiding- und Stoober Bachs auf einem sanften Höhenrücken bzw. auf dessen südlicher Flanke zwischen den Ortschaften Frankenau/Frakanava und Strebersdorf bzw. Großmutschen/Mučindrof. Die Trasse der Bernsteinstraße biegt, von Sopron/ Ödenburg (Scarbantia) kommend, bei Raiding im Winkel von ca. 90° nach Südosten, passiert die Ortschaften Großwarasdorf / Veliki Borištof sowie Nebersdorf /Šuševo und biegt in Strebersdorf nach Süden in Richtung Frankenau/Frakanava, um im weiteren Verlauf nach Szombathely/Steinamanger (Savaria) zu führen.
In Strebersdorf errichtete man auf dem Höhenrücken drei Militärlager (Lager I–III) und ein 2012 neu entdecktes viertes temporäres Lager (Lager IV). Die strategische Position der Lager am Ostrand der Erhebung zwischen Raiding- und Stoober Bach erlaubt einen freien Blick zur Trasse der nach Norden und Süden führenden Bernsteinstraße. Die drei übereinander errichteten Lager besitzen eine unterschiedliche Größe. Das älteste Lager datiert wahrscheinlich ab tiberischer Zeit (14–37 n. Chr.), es ist mit ca. 145 × 150 m bzw. 21.750 m² das größte und hat einen annähernd quadratischen Grundriss. Die Befestigungsanlage besteht aus einem ca. 3 m breiten Wall und einem ca. 2,8 m breiten und 1,2 m tiefen Graben, der im Norden, Süden, Westen und Osten von ca. 5 m breiten Toranlagen unterbrochen wird. Die Toranlagen flankieren zwei quadratische 3 × 3 m bzw. 9 m² große Holztürme, von deren Fundamentierungen jeweils vier Pfosten erkennbar sind. Es erscheint plausibel, dass das Lager I von Strebersdorf der schon länger gesuchte Standplatz der Ala Pannoniorum an der Bernsteinstraße ist. Die Existenz eines tiberischen Lagers legen zwei frühtiberische Grabsteine bei Peresznye/ Prössing (früher Gyalóka) und eine tiberische Stele aus Újkér mit der Nennung der Ala Pannoniorum (14–25/30 n. Chr.) nahe. Der Fundort Peresznye/Prössing befindet sich nur ca. 4 km südöstlich der Militärlager von Strebersdorf, Újkér liegt ca. 16 km östlich von Strebersdorf. Die auf den Grabsteinen erwähnten Soldaten gehören der Ala Pannoniorum an, einer der berittenen Hilfstruppen von etwa 500 Mann Stärke, die in tiberischer Zeit an der Bernsteinstraße stationiert wurde. Zu Beginn der Regierungszeit des Tiberius kam sie von Dalmatien nach Pannonien und wurde im Verlauf des 1. Jahrhunderts n. Chr. nach Győr (Arrabona) verlegt.
Das ca. 105 × 150 m bzw. 15.750 m² große zweite Lager ist ebenfalls mit einem ca. 2,8 m breiten und 1,2 m tiefen Spitzgraben befestigt. Dieser Graben liegt im Norden und Süden über dem Graben des Lagers I. Die westlichen und östlichen Grabenabschnitte befinden sich innerhalb des ersten Lagers und führen zu einer axialsymmetrischen Verkleinerung um jeweils 20 m in diesen Bereichen. Auch dieses Lager besitzt 4-Pfosten-Holztürme, die porta praetoria und decumana werden entweder vom Lager I weiterverwendet oder über den jeweiligen Toranlagen neu errichtet. Die Befestigungsanlage entspricht in ihrem Aufbau wahrscheinlich weitgehend jener des Lagers I, mehrere 4-Pfosten-Gruben an der Ost- und Westseite des Lagers könnten jedoch auf die Existenz von zusätzlichen Holztürmen deuten.
Das ca. 75 × 90 m bzw. 6.750 m² große dritte Lager wird axialsymmetrisch, jedoch nach Norden versetzt, innerhalb des Lagers II errichtet. Es besitzt keine Prinzipaltore, die porta praetoria und decumana liegen in einer Achse mit jenen der älteren Lager I und II. Grabenbreite und Toranlagen mit Holztürmen entsprechen jenen der älteren Lager, jedoch ist nun eine flächige Innenbebauung erkennbar. Die Größe des Lagers und die Anordnung der principia und der Mannschaftsbaracken entsprechen, soweit derzeit erkennbar, weitgehend jenen von Numeruskastellen, die etwa 120–160 Soldaten beherbergten.
Nördlich dieser drei Lager konnte 2012 ein viertes sog. temporäres Lager entdeckt werden, dessen Datierung noch unklar ist. Es ist mit zwei Toranlagen direkt an der Bernsteinstraße gelegen und besitzt eine Größe von mindestens 390 × 440 m bzw. 171.600 m². Diese Dimension bietet Platz für die vorübergehende Stationierung einer römischen Legion mit etwa 5.000–6.000 Soldaten.
Rund um die Lager I–III sind in den magnetischen Messdaten Anomalien erkennbar, die als Öfen zu interpretieren sind. Jeweils sechs bis acht Öfen bilden einzelne Gruppen bzw. Werkplätze, die auf die industrielle Verarbeitung von Raseneisenerz deuten. Zahlreiche Eisenschlacken und -luppen finden sich an der Oberfläche im Bereich der Öfen. In der gesamten Region um Strebersdorf/Frankenau-Frakanava wurde seit keltischer Zeit Raseneisenerz gewonnen und verhüttet. An die 20.000 Pingen sind bislang im Raum Oberpullendorf gezählt worden, das Raseneisenerz hat einen Eisengehalt von 70–82 %.
Die Befundsituation deutet auf eine unter militärischer Kontrolle ab tiberischer Zeit vorgenommene industrielle Verarbeitung von Raseneisenerz in Strebersdorf.
Südlich der Lager von Strebersdorf säumt ein Vicus, ein Lagerdorf mit Streifenparzellierung, die Bernsteinstraße. Eine dichte Bebauung ist über eine Länge von ca. 400 m festzustellen. Der Stoober Bach trennt den Vicus in eine nördliche (Strebersdorf ) und eine südliche (Frankenau- Frakanava) Hälfte von ca. 150 bzw. 190 m Länge. Am Brückenkopf, beiderseits des Baches, ist die massivste Bebauung auszumachen, hier wurden jedoch auch größere Flächen durch Hochwässer fortgerissen. Die erkennbaren Hausgrundrisse folgen jenen von Korridor- und Streifenhäusern, wie sie in der Carnuntiner Zivilund Militärarchitektur sowie aus pannonischen Vici und Villen bekannt sind. Aus den Metalldetektorprospektionen der Jahre 2009/2010 und 2012/2013 liegen insgesamt 13.215 Funde vor. Für die allgemeine Charakterisierung sowie funktionale und chronologische Einordnung des Fundplatzes sind drei Fundkategorien aus den Metalldetektorprospektionen entscheidend: militärische Ausrüstungsgegenstände, Münzen und Werkabfälle der Eisenverarbeitung.
1,2 % (168 Stück) des Gesamtfundbestands sind militärische Ausrüstungsgegenstände, die fast ausschließlich Typen des 1. Jahrhunderts n. Chr. repräsentieren. Die typologische Übereinstimmung ist am höchsten im Spektrum des sog. Vindonissa-Horizonts, der den Zeitraum von der frühtiberischen bis spätflavischen Periode umfasst (ca. 14– 90 n. Chr.).
15,9 % (2.107 Stück) der Funde aus den Detektorprospektionen sind zum Werkabfall aus der Metallverarbeitung zu zählen. Sie werden ergänzt durch zahlreiche Werkzeugfunde, die gleichfalls auf das Metallhandwerk deuten.Eine erste Analyse der Fundverteilungsmuster aller aus der Verarbeitung von Eisen wie auch Buntmetall resultierenden Abfälle erbrachte in Kombination mit den geophysikalischen Messdaten wichtige Erkenntnisse zu den Aktivitätszonen im nahen Umkreis der Militärlager und deren (hypothetischer) Relativchronologie. Aufgrund der Verteilung von Verhüttungsschlacken und der geomagnetischen Anomalien ist auf Batterien von Rennöfen zu schließen. Für deren Bestand ist eine zeitliche Abfolge von der frühtiberischen bis flavischen Periode zu argumentieren, unter Berücksichtigung des Bezugs der prospektierten Strukturen zu den – auch archäologisch – untersuchten Lagern I und II.
Die archäologische Zone von Strebersdorf /Frankenau-Frakanava ist hinsichtlich ihres Stellenwertes von überregionaler Bedeutung. Das Österreichische Archäologische Institut wird in Kooperation mit dem Land Burgenland und dem Bundesdenkmalamt seine Forschungen in der Region auch in den kommenden Jahren fortführen und hofft dabei auch auf die Unterstützung durch den Verein zur Erhaltung der römischen Bernsteinstraße.
Der provinzialrömische Friedhof
von Unterloisdorf (Bezirk Oberpullendorf)
Römische Gräber sind im Burgenland nicht besonders außergewöhnlich und kommen bei Bauarbeiten immer wieder zum Vorschein. So stieß der Verein Pannarch bei seinen Rettungsgrabungen in den letzten Jahren wiederholt auf römische Bestattungen. Begründen kann man dies mit der hohen Bevölkerungsdichte in römischer Zeit in der ehemaligen Provinz Pannonia zwischen Savaria und Carnuntum. Beides bedeutende Städte an der römischen Bernsteinstraße. Die dichte Besiedlung hat ihre Gründe zum einen in der verkehrsgünstigen Lage zwischen Nord und Süd und zum anderen in den vorhandenen und für Rom wichtigen Rohstoff en. Hier ist als erstes Eisen zu nennen, welches in großen Mengen in den heutigen Wäldern des Mittelburgenlands aus dem Boden gefördert wurde. Der Verbindungsweg, den wir heute als Bernsteinstraße bezeichnen, hatte neben seiner strategischen Funktion auch eine wirtschaftliche. So entstanden im Laufe der Zeit entlang der Straße neben den Militärlagern zivile Siedlungen, die einerseits von der Straße lebten und anderseits die Straße für ihre Handelsgeschäfte nutzten. Diejenigen, die die Straße und damit auch den Warenfluss kontrollierten, und jene, die die Rohstoffgewinnung unter sich hatten, waren damit in einer entsprechenden gewinnbringenden Position, welche sich letztendlich auch in ihren Gräbern widerspiegelt.
Leicht nachzuvollziehen ist, dass diese Eliten eine schmale Oberschicht bildeten und der Großteil der Bevölkerung in bescheideneren Verhältnissen lebte. Dieses Verhältnis Arm-Reich kommt auch im archäologischen Befund der Gräber und in ihrer Anzahl wieder zu Tage. So sind die meisten Gräber aus jener Zeit schlicht und einfach gestaltet und die Beigaben beschränken sich auf wenige zumeist keramische Gegenstände.
Im Gegensatz dazu kann der provinzialrömische Friedhof von Unterloisdorf als außergewöhnlich bezeichnet werden, da sich die Gräber in mehreren Punkten deutlich von „normalen“ römischen Bestattungen abheben.
Doch zuerst zu seiner geografischen Lage. Das Gräberfeld gehört mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem römischen Gutshof und war dazu bestimmt, die verstorbenen Mitglieder der Führungsschicht dieser Villa Rustica über mehrere Generationen aufzunehmen. Der Friedhof befindet sich auf einem leichten Geländerücken östlich der Rabnitz. In unmittelbarer Nähe direkt an der Rabnitz ist eine römische Ziegelei belegt. Ebenfalls nur wenige hundert Meter entfernt in süd-östlicher Richtung befindet sich heute noch ein Getreidespeicher (Horreum), der auf römischen Grundmauern steht. Im Umland des heutigen Klostermarienberg sind mehrere römische Gutshöfe nachgewiesen und in den umgebenden Wäldern sind mehrfach sogenannte Pingen auch heute noch sichtbar, die ihren Ursprung im Eisenerzabbau haben. Wie bereits erwähnt, war der Oberpullendorfer Bezirk einer der wichtigsten Eisenlieferanten des römischen Militärs.
Die Bernsteinstraße verläuft ca. 5 km südöstlich, wo sie in Frankenau und Strebersdorf durch Militärlager und den Straßendamm nachgewiesen werden konnte. In Strebersdorf sind Teile der Straße heute noch erhalten. Woher nun der Reichtum, der sich in den Gräbern manifestiert, stammte, lässt sich nicht mit letzter Gewissheit aus den Grabbeigaben erschließen. Denkbar ist aber auch eine Kombination aus Rohstoff gewinnung und Handel. Möglicherweise lag der Bestattungsplatz auch an einer ehemaligen Vicinalstraße, die die etwas abseits des Hauptverkehrsweges gelegenen Siedlungen und Gutshöfe an die Hauptstraße anband.
Nachgewiesen ist so eine Nebenverbindung in Hannersdorf und Burg. In Unterloisdorf konnte ein Straßendamm archäologisch nicht nachgewiesen werden, allerdings könnte man aus der Anordnung der Gräber auf einen durch das Gräberfeld führenden Weg schließen.
Der Friedhof unterteilt sich in zwei Bereiche, die südlich und nördlich dieses möglichen Weges liegen. Der nördliche Teil ist Brandbestattungen vorbehalten, im südlichen befinden sich wenige Brandbestattungen, der Rest sind Körperbestattungen.
Die Brandbestattungen, die die übliche Bestattungsform der ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderte im römischen Reich darstellte, sind somit ein Beleg dafür, dass der Gräberbezirk bereits zu dieser Zeit angelegt wurde. Bereits zu dieser Zeit weist die Art und Weise der Totenbehandlung auf eine Oberschicht hin. Da die Gräber größtenteils nur sehr seicht in den Boden eingetieft wurden, ist hier sicher nur mehr ein Teil der ursprünglichen Bestattungen auf uns gekommen. Neben Urnenbestattungen und Brandschüttungsgräbern fanden sich Reste von zwei Grabbauten, die ursprünglich über den Boden aufragten und aus Stein oder Holz gebaut waren. Einer der beiden war bereits vollständig dem Erdboden gleich gemacht und nur mehr die Sohle der ehemaligen Grabgrube war erkennbar. Der zweite Grabbau wurde massiver gebaut und war ursprünglich auch etwas tiefer in den Boden eingelassen, sodass in diesem Fall der archäologische Befund mehr Erkenntnisse liefern konnte. Das Bauwerk ist annähernd quadratisch mit einer Seitenlänge von ca. 4 m und einer Fundamentbreite von ca. 60 cm. Die Westwand unterschied sich von den restlichen Wänden dadurch, dass in den Fundamentgräben nochmals ein kleiner Graben eingetieft war, der mit großer Wahrscheinlichkeit das Fundament für einen großen Grabstein darstellt. Die beiden flankierenden Ecken wurden durch massive Steinfundamente gebildet, die ursprünglich vermutlich als Säulenbasen dienten. Ob diese Säulen aus Stein, Ziegeln oder Holz ausgeführt waren, lässt sich heute nicht mehr feststellen. In jedem Fall haben diese beiden Säulen den Grabstein entsprechend hervorgehoben und zur Geltung gebracht. Der Eingang in das Grabhaus erfolgte von Osten.
Ebenfalls denkbar ist ein ziegelgedecktes Dach, da innerhalb des Gevierts mehrere Dachziegelreste (Tegula) gefunden wurden. Diese könnten allerdings auch als Grababdeckung fungiert haben. Insgesamt wurden in diesem Grabbau vier Personen bzw. deren Asche bestattet. Die älteste Grablege, die sich im Zentrum befand, dürfte bereits vor Errichtung des Grabhauses erfolgt sein, da sich in der Mitte dieses Grabes Reste eines Grabsteines befanden. Erst im Zuge der Nachbestattungen wurde dann das Grabhaus errichtet und ein neuer größerer Grabstein an der Westwand angebracht.
Im südlichen Bereich befanden sich nur mehr wenige Brandbestattungen und diese sind in unmittelbarer Nähe zu der von Ost nach West verlaufenden befundleeren Fläche, die bereits als möglicher Weg (s. o.) beschrieben wurde. Noch weiter südlich kommen ausschließlich Körpergräber vor. Alle diese Gräber sind gleich orientiert (von Ost nach West) und sind reihenartig angelegt. Alle Bestattungen sind opulent mit Beigaben ausgestattet. Diese reichen von Speise- und Trinkbeigaben, die durch die sie beinhaltenden Gefäße nachgewiesen werden können, über Münzen, Schmuck, Glas und Trachtbestandteile. Aus diesen zwanzig Körperbestattungen, die alle, wie erwähnt, mit sehr vornehmen Beigaben ausgestattet waren, sind zwei besonders erwähnenswert:
Der Wiedergänger aus Unterloisdorf, wie er mittlerweile bezeichnet wird, lag in einem ca. 1,7m tiefen Grab vermutlich in einem Holzsarg. Der Tote war römischer Legionär und wurde mit allen Ehren bestattet. Der im Grab aufgefundene Gürtel aus Bronze weist ihn als Offizier aus. Im römischen Reich war es durchaus üblich, verdiente Soldaten nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst mit Ländereien zu belohnen. Und auf diese Weise dürfte auch der hier Bestattete zu seinen Lebzeiten zu Land und Reichtum gekommen sein. Denn dass er reich war, zeigt das gesamte Grabinventar, u. a. ein Fingerring aus Silber mit einem eingesetzten geschnitzten Bernstein. Was dieser Bestattung aber eine Sonderstellung verleiht, ist der ungewöhnliche Bestattungsritus.
In der römischen Glaubensvorstellung vom Tod spielt die Angst vor Wiedergängern eine große Rolle. In späterer Zeit tritt uns diese Angst in Kombination mit Aberglauben in Form des Vampirismus entgegen.
Obwohl man diesen Mann mit allen Attributen eines Adeligen bestattete, hatte man auch große Angst davor, dass er wieder aus dem Grab steigen könnte, was ihn im Rückblick als sehr gefürchteten Menschen erscheinen lässt. Um also seine Wiederkehr zu verhindern, wurde er mit einer Pflugschar, die ihm auf die Brust gelegt wurde, beschwert. Seine Beine wurden zusammengebunden, erkennbar an einer bei den Füßen aufgefundenen Gürtelschnalle. Der neben dem Kopf gefundene Silberring ist ein Indiz dafür, dass die Hände, üblicherweise neben dem Oberkörper anliegend, oberhalb des Kopfes vermutlich am Sargboden befestigt waren. Es wurde also nicht nur der Körper beschwert, sondern auch die Gliedmaßen wurden in eine bewegungsunfähige Lage gebracht.
Ähnliche Bestattungssitten sind aus Rumänien und Polen bekannt, allerdings aus Gräbern des Mittelalters.
Diese Art der Körperfixierung als Ausdruck römischer Glaubensvorstellungen bei einer Bestattung konnte im Burgenland erstmals archäologisch nachgewiesen werden. Das zweite herausstechende Grab befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft des vorherigen. Die hier bestattete Frau war möglicherweise die Ehefrau des Wiedergängers, da das Grabinventar noch reicher und wertvoller war, was ihren hohen sozialen Status demonstriert. So wurde neben Glasgefäßen (Balsamare) und hochwertiger Keramik auch Silberschmuck gefunden. Besonders erwähnenswert ist eine Halskette. Diese setzte sich zusammen aus verschiedenfarbigen hochwertig gearbeiteten Glasperlen, einer Bernsteinperle sowie einem Anhänger, bestehend aus einem Glasamulett mit einer szenischen Darstellung aus dem bäuerlichen Alltag und einer Gemme. Im Gegensatz zu ihrem möglichen Ehemann wurde die Tote weder beschwert noch im Grab fixiert. Neben diesen beiden Gräbern zeigten auch die restlichen Bestattungen nicht nur die lange Benutzungsdauer, sondern auch den elitären Status dieses Friedhofes.
Als Beispiel für diesen Reichtum und die gehobene Stellung kann ein weiterer Fund aus einem anderen Körpergrab dienen. Dabei handelte es sich um einen Porphyr verde antico. Dieses Gestein war zu römischer Zeit der wertvollste Stein, den man kaufen konnte, und wurde ausschließlich in Griechenland abgebaut. Das aufgefundene Stück mit den Abmessungen von ca. 3 x 9 cm war geschnitten und die Oberflächen geschliffen. Vermutlich diente es als Boden einer Schmuckschatulle, da sich auf dem Porphyr mehrere Münzen befanden. Dieser Fund ist nicht nur ein Beleg für den Reichtum, sondern zeigt auch eindrucksvoll die weitreichenden Wirtschafts- und Handelskontakte der damaligen MittelburgenländerInnen.
Die Anlage des Grabbezirkes dürfte im ersten Jahrhundert nach Christus erfolgt sein, da mehrere Brandbestattungen nachgewiesen werden konnten, die für diese Zeit typische Bestattungsform. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurden die Verstorbenen in aufwendig errichteten Grabbauten bestattet. Die jüngsten Gräber, wozu auch die beiden beschriebenen zählen, datieren auf Grund der Beigaben ins späte 3. oder 4. Jhdt. n. Chr. und wurden damit zu einer Zeit angelegt, wo das weströmische Reich bereits am Ende seiner Blütezeit angelangt war.
Das Erscheinungsbild des Gräberfeldes zeigt die gehobene Stellung der hier Bestatteten, die auch über den Tod hinaus nicht mit dem allgemeinem Volk in Berührung kommen wollten. Aber auch die Glaubensvorstellungen, im besonderen die Angst vor Wiedergängern, manifestieren sich in den Grabbefunden. Der in seinem Grab fixierte ehemalige römische Offizier lebte zwar in großem Wohlstand, was ihn als Grundherren oder lokalen Prinzipal ausweist. Die getroffenen Maßnahmen, die verhindern sollten, dass er aus dem Grab wiederkommt, zeigen aber auch, dass er kein sehr feiner Mensch gewesen sein dürfte.