Kleidung, Wohnen und Haushalt
Nach der Eroberung des keltischen Königreichs Noricum sowie Pannoniens durch die Römer unter Kaiser Augustus, übernahm die okkupierte Bevölkerung sehr bald Neuerungen aus dem Süden. Diese Romanisierung betraf den Haus- und Städtebau ebenso wie die Landwirtschaft, aber auch z.B. Tracht oder religiöse Kulte. Während allerdings die Übernahme römischer Kulturelemente zunächst hauptsächlich in den Städten erfolgte, wurden die abgelegenen Gebiete von der Romanisierung lange Zeit weniger erfasst. Es gibt zahlreiche Hinweise auf das Fortleben keltischer Kulturelemente trotz römischer Herrschaft. So bleibt z.B. auch die Kleidung, vor allem die Frauentracht, konservativ bodenständig. Die Frauen tragen weiterhin die für Noricum und Pannonien typischen breiten Pelzhüte oder Hauben und nicht die für römische Frauen typischen Tunica und Palla.
Auch in der Männertracht dürften insbesondere abseits der Städte von den Einheimischen nicht die bei den Römern übliche feine Tunika bzw. Toga der freien römischen Bürger getragen worden sein, sondern weiterhin der Lodenmantel mit Kapuze oder in Anlehnung an die römische Kleidung auch der Panni. Cassius Dio, der 226 bis 228 n. Chr. Statthalter in Carnuntum war, leitete sogar den Namen der Provinz Pannonien von den Panni, der ärmlichen Kleidung der Einheimischen, ab: „Der Name ist abgeleitet von der Tatsache, dass ihre Ärmeltunicas aus Stücken alter Kleidung gemacht sind, die sie in Streifen schneiden, zusammennähen und Panni nennen“. Gleichzeitig weisen zahlreiche archäologische Funde, wie z.B. metallene Gewandnadeln (Fibeln), mit denen Kleider, Mäntel, Umhänge zusammengehalten wurden, auf römische Kleidung hin.
Auf keinem anderen Gebiet hat sich die Romanisierung so stark ausgewirkt wie im Bauwesen und in der Wohnkultur. Die keltischen Holzblockbauten mit ihren lehmverputzten Wänden, gestampften Lehmböden sowie Stroh- oder Schindeldächern und selbst die großen Siedlungen auf Bergeshöhen (Oppida, z.B. in Schwarzenbach) nehmen sich recht bescheiden aus im Vergleich zu den luxuriös mit Heizung, Bädern und Wandmalereien ausgestatteten römischen Stadthäusern, Gutshöfen und Villen auf dem Land.
Ein beeindruckendes Beispiel entlang der Bernsteinstraße im Mittelburgenland sind die bereits seit den 1920er-Jahren bekannten archäologischen Reste einer römischen Villa in Deutschkreutz. Diese wurden in drei Grabungskampagnen zwischen 1988 und 1991 durch das Österreichische Archäologische Institut freigelegt. Dabei wurde ein 56 m langer und 12,5 m breiter Streifen ergraben, in dem elf Räume eines zweiphasigen Gebäudes angeschnitten wurden. Es handelt sich hierbei um einen zentralen Bereich eines reich mit Mosaikschmuck und Wandmalerei ausgestatteten spätantiken Wohn- und Repräsentationsgebäudes. Der im Zentrum liegende Saal besaß ein von ornamentalen Feldern gerahmtes Jagdmosaik, Teile des Raumes waren zudem mit einer Hypokaustheizung ausgestattet.
Vollendete römische Baukultur zeigt sich außerdem in den archäologischen Nachweisen großer öffentlichen Bauten, Thermen, Amphitheatern oder Tempeln. Freilich dauert es einige Zeit, bis diese Neuerungen sich durchsetzen. Auch in den Städten dominierten anfangs noch Holz- und Fachwerkbauten, erst gegen Ende des 1. Jahrhunderts waren sie immer mehr durch Stein- und Ziegelbauten ersetzt.
Zahlreiche archäologische Funde geben auch Zeugnis von der Weiterentwicklung der Haushaltsausstattung aufgrund römischer Vorbilder, wie z.B. die Verwendung filigraner Glasgefäße oder des besonderen keramischen Tafelgeschirrs Terra Sigillata.
