Siedlungen und Gebäude
Nach der Eroberung, Befriedung und Sicherung der Provinz Pannonien gründeten die Römer zahlreiche Städte als Verwaltungs- und Machtzentren und es begann die „Romanisierung“, d.h. die Übernahme römischer Lebensformen und Kultur durch die keltische Bevölkerung. Ab dem 2. Jahrhundert gehörte der heutige Bezirk Neusiedl am See zum Stadtgebiet von Carnuntum, die heutigen Bezirke Eisenstadt, Mattersburg und Oberpullendorf zum Stadtgebiet von Scarbantia (Sopron/Ödenburg) und die heutigen Bezirke Oberwart, Güssing und Jennersdorf zu Savaria (Szombathely/Steinamanger). Zu jeder Stadt gehörte ein riesiges Gebiet von oft über 1000 km², das in Landbezirke (pagi) und Dörfer (vici) unterteilt war. Die keltischen Grundbesitzer wurden teilweise enteignet und deren fruchtbarste Böden an römische Veteranen oder Beamte vergeben, die darauf Gutshöfe (villae rusticae) errichteten. Die keltischen Vorbesitzer konnten meist als Pächter ihrer neuen Herren oder als Landarbeiter auf dem Land bleiben. Wie die folgende Karte zeigt, waren diese Gutshöfe in regelmäßigen Abständen voneinander angelegt und bestimmten den Siedlungscharakter und die Wirtschaftsform außerhalb der Städte.
Die Gutshöfe versorgten die Städte und Garnisonen mit landwirtschaftlichen Produkten. In späterer Zeit investierten wohlhabende Stadtbewohner ihr Kapital in den Kauf eines Gutshofes, den sie mit Luxus und Komfort einrichten ließen. Auch die wohlhabende keltische Bevölkerung übernahm bald die neuen Errungenschaften. So erbauten boische Grundbesitzer am Westufer des Neusiedler Sees ihre Villen nach römischem Vorbild. Von den Gutshöfen strahlte römische Zivilisation auf die Umgebung aus. Dies gilt besonders für die Bau- und Wohnkultur. Im Gegensatz zu den keltischen Blockbauten waren viele römische Häuser sehr luxuriös mit Wandmalereien, Fußbodenheizung und Bad ausgestattet sowie teilweise auch an ein Kanalsystem und Wasserleitungssystem angeschlossen. Stein, Ziegel, Mörtel, teilweise auch Marmor waren die Materialien der römischen Baumeister und Bauhandwerker. In der Nähe der großen Städte entstanden – teilweise sogar legionseigene – Ziegeleien. Überall in der Provinz wurden Mauer- und Dachziegel, Bodenplatten, Fliesen und Tonwaren erzeugt. Der begehrte Sandstein wurde in Sankt Margarethen und Kroisbach (Fertörakos) abgebaut. Die Kelten in ihren Dörfern (vici) übernahmen die Technik des römischen Mauer- und Hausbaues ebenso wie neue landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmethoden für den Obst- Wein- und Gemüseanbau.
Floiger Michael/Gruber Oswald/Huber Hugo: Geschichte des Burgenlandes. Lehrbuch für die Oberstufe. Hrsg. LSI Dr. Stefanits Günther. Eisenstadt, 1996, S. 24.
Tiefenbach Josef, et.al.: Historischer Atlas für das Burgenland, Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland (WAB), Band 141. Eisenstadt, 2011, S. 63.
